Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn,
dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Aussehen,
dem Bekannten die Würde des Unbekannten,
dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe,
so romantisiere ich es.

Novalis

Brombeerranken auf Stellern von Haselnuss geflochten
Höhe 3,4 m, Durchmesser 1,5 m
„Realität und Romantik“,
6. Int. Waldkunstpfad, Darmstadt, 2012

Ich gehe lieber durch den Wald als durch ein Einkaufszentrum und ich ziehe gefundenes Material gekauftem vor. Es ist billiger, direkter und zudem ökologischer. Brombeerranken wachsen fast überall, sie reizen mich schon lange. Da vereinen sich zwei wiederkehrende Aspekte meiner Arbeit: das Flechten und die Dornen.

Noch nie habe ich eine so große Struktur geflochten. Sie verlangt so viel Behutsamkeit und Achtung wie die kleinen zarten Arbeiten. Diesmal nicht, weil das Material leiden könnte, sondern ich.

Am Karfreitag beginne ich mit dem Flechten, ein Zufall. Auch Dornröschen und Rapunzel sind in Gedanken bei mir. Mit Lederhandschuhen verflechte ich die langen dornigen Ranken. Unzählige Male umrunde ich den Turm auf einem improvisierten Gerüst.

Was ist Realität, was ist Romantik? Die Wiederholung der Frage bringt mich eher in ihre Tiefe als zur ihrer Lösung Am Ende bin ich den Dornen näher gekommen als sie mir.